MalZamZimBots 1989 - Teil 9

Veröffentlicht auf von Nenette

It is prohibited to take photos from post offices, police stations, bridges, military institutions and electrical installations

Dieser Satz war uns gleich zu Beginn des Urlaubs von Matthias in klaren deutschen Worten deutlich gemacht worden. Keine offiziellen Gebäude, keine elektrischen Installationen fotografieren!
Lieber ein Foto zu wenig, als ein Foto zuviel!

Darum hat der heutige Bericht auch keine Fotos!

Wir machen einen kurzen Halt in Mazabuka auf dem Weg nach Lochinvar. Matthias will irgendetwas an der Gartenlaube nachschauen. Wir befinden uns zum Glück auf einer Reise, wo wir die Stops zu kleinen Ausflügen in die jeweiligen Dörfer oder Städte nutzen dürfen, im Gegensatz zu einer Kenya-Reise, wo der Reiseleiter uns offiziell untersagte, an der Tankstelle den Bus zu verlassen.

Der Ort ist klein, wir werden wie immer neugierig, doch freundlich angeschaut, unsere Gruppe hat sich zerstreut.
Kurz bevor es Zeit ist, sich wieder zu sammeln, stoße ich auf eine Menschenansammlung in der Hauptstraße, in deren Mittelpunkt sich ganz offensichtlich einer von meinen Mitreisenden befindet – unser des englischen kaum mächtigen Senior.
Die Menschen machen mir wie selbstverständlich Platz, als ich zu ihm gehe und so erfahre ich von zwei Polizisten, die neben unserem Senior und seiner Frau stehen, dass er das Postgebäude fotografiert habe.
Zum ersten Mal an diesem Tag höre ich den oben ziterten Satz. Der Senior berichtet von dem schönen Baum, er habe nicht gesehen, dass dahinter die Post sei. Ich übersetze, es werden ein paar Sätze gewechselt, dann entscheiden die Polizisten, dass der Senior zur Wache gebracht werden muss.
Ich übersetze und während ich beiden sage, dass ich Matthias suchen gehe, befiehlt mir einer der beiden Polizisten, mitzukommen. Also schreiten der Senior und ich unter Polizeibegleitung zur Wache, während seine Frau nach dem Rest der Gruppe sucht.

Wir werden an der Empfangstheke vorbei durch einen Flur, dessen fleckige Wände jedem Forensiker ein interessantes Studiengebiet geliefert hätten, in ein Büro geführt, wo wir eine Weile lang gut bewacht warten müssen.

Dann kommt der Polizeichef mit zwei weiteren Beamten und das Verhör kann beginnen.
„Your passports, please“, befiehlt er uns.
Nun heißt es erneut warten, denn der Senior hat seinen Pass im Seesack im Auto. Und das Auto ist wohl, weil's länger dauert, zum Kaffeetrinken gefahren.
Also wird zunächst mal mein Pass untersucht und meine Personalien aufgenommen. Schließlich entscheiden sich die Polizisten, die Personalien des Seniors ohne Pass aufzunehmen.
Danach wird er befragt, weshalb er die Post fotografiert habe. Ich übersetze die Erklärung mit dem Baum. Bis zu diesem Zeitpunkt haben wir mindestens 3mal den obigen Satz gehört.

Der Chef erklärt uns, dass es sein Recht sei, uns festzuhalten, bis das Foto gesichtet werden kann.
Das kann dauern, denke ich verzweifelt!

Endlich tuckert die Gartenlaube vor. Man erlaubt mir, den Pass zu holen. Mehr nicht!

So richtig glücklich bin ich nicht.
Mit ernster Miene wird der Pass unseres Seniors untersucht und schließlich fragt der Chef: „Are you a doctor?“, weil er den Doktortitel im Pass gelesen hat.
Ich bestätige dies und sogleich zeichnet sich Respekt in den Gesichtern ab!

Der Chef sagt bedeutungsschwer: „Ich habe das Recht, Sie hier in Haft zu nehmen, bis wir das Foto sehen können. Ich habe das Recht, die Kamera zu konfiszieren! Aber ich werde mich mit dem Film zufrieden geben. Ich möchte den Film haben!“
Innerlich atme ich auf, denke, das ist ja nochmal gut gegangen, während ich übersetze, was der Chef gesagt hat.

Doch der Senior ist mit dieser Lösung gar nicht einverstanden.
„Der Film ist fast voll, da sind meine Luangwa-Bilder drauf!“
Damit trifft er meinen Fotografen-Nerv.
Ich würde meine Luangwa-Bilder auch nicht hergeben!

Kurz nachgedacht, einverstanden, wenn ich den Vorschlag mache, den Fotoapparat kurz zu öffnen? Dann ist das Bild belichtet und kaputt, und die restlichen Bilder hoffentlich nicht, denn das Büro ist ziemlich düster! Außer einer kleinen Bürolampe gibt es kaum Licht.

Okay, ich schlage dies vor und stelle schnell fest, dass ich die Funktionsweise des Fotoapparats erklären muss, damit mein Vorschlag überhaupt verstanden wird. Schließlich erklärt sich der Chef damit einverstanden und so reicht man unserem Senior den Fotoapparat.Im Bruchteil einer Sekunde ist die Minolta geöffnet und wieder geschlossen. Wir beide schauen uns zufrieden um - und blicken in sprachlose Gesichter!

„Where is the Photo?“ fragt der Chef.

Also erkläre ich nochmal, dass das Foto jetzt belichtet und unbrauchbar geworden ist.
Er rückt nicht von seinem Wunsch ab. "I want to have the Photo!"

Ich mache den Vorschlag, das Bild aus dem Film herauszuschneiden.
Eine Schere wird nicht gefunden, dafür kommt ein Beamter mit einer Rasierklinge.
Da ich die schnelleren Finger habe, öffne ich diesmal den Fotoapparat kurz, ziehe etwas vom Film heraus, schneide ein Stück ab, Klappe wieder zu – fertig.
Ich überreiche den kleinen etwas mehr als Dia-großen Streifen.

Der Polizist hält das Bild angestrengt gegen die Bürolampe und sagt schließlich:
„There is nothing to see“ - da sieht man nichts!

Unser Herzklopfen wird schneller, doch zu unserem großen Glück ist einer der jüngeren Polizisten ebenso Foto-bewandert wie meine digital aufgewachsenen Söhne.
Er sagt entschieden: „We have to take it to development!“
Das sitzt!

Der Chef legt das Foto zu den Akten, wir müssen noch das Verhörprotokoll abzeichnen, danach lässt er alle Förmlichkeiten fallen und fragt, was für ein Arzt unser Senior ist, was ich in meinem Beruf mache, da er sich unter der Berufsbezeichnung nichts vorstellen kann, ob uns Sambia gefällt, wünscht uns noch einen schönen Urlaub. Ein paar Minuten Smalltalk und dann „Nice to meet you! You can go now!“


Kleiner Nachspann: abends hat unser Senior den Film, der noch auf der Spule war, unter der Bettdecke in eine leere Filmdose verfrachtet. Die Bilder sollen brauchbar gewesen sein.

Veröffentlicht in Malawi Zambia 1989

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