Eine unbeschreibliche Reise - Tag 9
Warum ist das Gnu so hässlich?
Nachdem Gott alle Tiere zu seiner Zufriedenheit geschaffen hatte, stellte er fest, dass ihm noch viele Teile übrig geblieben waren, die zu keinem der bisherigen Wesen gepasst hätten. So setzte er sich in sein stilles Kämmerlein und fügte die Reste zu einem optisch weniger ansprechenden Wesen zusammen. (Nach einer afrikanischen Erzählung)
Das Gnu hat sich allerdings zu einem der am meisten fotografierten und gefilmten Tiere Afrikas entwickelt, dafür zahlt es aber als gefundenes Fressen bei ostafrikanischen Migrationen einen sehr hohen Preis.
Tag 9 – Close Encounter
Mit Wehmut wachen wir am nächsten Morgen vom Klappern und Räumen um uns herum auf. Eigentlich könnten wir eine weitere Stunde schlafen, aber heute herrscht Aufbruchsstimmung, es geht weiter in Richtung Khwai. Sechs von neun Buschnächten sind bereits verstrichen, und so sehr wir uns auf neue Landschaften und andere Tiere freuen, so gerne blieben wir noch hier, um die schwarzen Hügel und endlosen Ebenen zu erkunden.
Während unsere Crew den direkten Weg zum Khwai Development Trust nimmt, fährt Namba uns zu einem letzten Gamedrive in die Savuti Marsh. Es ist zum Mäusemelken, dieser Morgen ist ebenso leergefegt wie die vorherigen.
Immerhin treffen wir auf einen Sekretärvogel, der eigentlich zu den Adlern gehört, und der im englischen inzwischen Walking Eagle genannt wird. | |
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Anschließend treten wir den Weg in Richtung Mababe Gate an. Es dauert gar nicht lang und wir treffen auf das Ende eines Treks von fünf oder sechs Safari-Fahrzeugen. Namba hat uns gestern am Lagerfeuer erzählt, dass viele seiner Kollegen heute abreisen würden. Offensichtlich haben wir sie eingeholt. Irgendwann jedoch biegen wir nach links auf eine tiefe Sandpiste ab, die der Hauptpiste noch eine Weile folgt und dann schnurgerade Richtung Süden zieht. Ein weiteres Safari-Fahrzeug wird von uns eingeholt, Vor unseren Augen fährt sich der Fahrer im Tiefsand fest. Eine längere Diskussion zwischen Namba und ihm folgt, schließlich endet das Gespräch mit „Ehee! Sala sentle!“, Namba lässt das Funkgerät auf Empfang und wir fahren weiter.
Wir kommen nur um die nächste Kurve. Ein Elefant steht rechts von der Piste und die Zeichen seiner Nervosität trügen nicht: Kopfschütteln, Ohren klatschen, Rüssel heben und trompeten. Wegen der großen Entfernung ist kein Grund für die Unruhe zu erkennen, aber Namba bremst ab und lässt das Auto ausrollen. Links im Gebüsch grast der Rest der kleinen Herde und lässt sich von der Nervosität nicht anstecken, manche kommen sogar bis auf wenige Meter an uns heran, auch junge Tiere sind dabei, und lassen sich beim Fressen nicht stören. Plötzlich schießt von links ein Elefant heran und scheucht die Elefanten, die neben uns grasen, von uns weg. Dabei stößt er sie mit seinem Rüssel vor sich her wie einen Haufen ungezogener Kinder. Nachdem sie aus seiner Sicht in Sicherheit sind, macht er eine Kehrwendung auf die Piste und kommt mit Getöse auf uns zugestürmt. Die Segel weit ausgestellt, bleibt er zwei Meter vor unserem Auto stehen und meckert uns wütend an. Und der Elefant auf der rechten Seite macht Anstalten, ihm bei der kleinsten Bewegung unsererseits zur Hilfe zu eilen. Mir rutscht das Herz in die Hose und ich werde auf meinem Sitz immer kleiner, während ich das Gefühl habe, dass der Elefant vor uns immer größer wird. Eine graue Wand mit bösen Augen!
Und dann taucht hinter ihm aus dem Busch ein kleines Baby auf und überquert die Piste. Erst als der Kleine in sicherem Abstand angekommen ist, schüttelt der Verkehrslotse vor uns erneut zornig seinen riesigen Kopf, so dass die Ohren knallen, dreht ab und gesellt sich schützend zu dem Baby.
Mein Mann klopft mir ermutigend auf den Oberschenkel und holt mich so aus meinem hypnotischen Zustand, während Namba lachen muss und unsere Jungs ein bewunderndes „Wow!“ ausstoßen.
Jetzt, da wir wieder zu Atem kommen, fällt uns auf, dass das Baby keinen Schwanz mehr hat und dass statt dessen dort eine noch nicht verheilte Wunde ist. Vermutlich ist das der Grund, weshalb diese Elefanten so übervorsichtig reagiert haben.
Der Spannung steigt ein weiteres Mal, als das Funkgerät sich meldet, weil das uns folgende Auto noch immer im Sand feststeckt. Namba macht den Motor an und fährt rückwärts ins Gebüsch, um zu wenden. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Elefanten uns nun endgültig den Garaus machen werden, weil wir uns in ihre Richtung bewegen, doch sie sind nur extrem wachsam und verlieren uns keine Sekunde aus den Augen.
Kaum sind wir soweit, dass wir zurückfahren könnten, meldet Alex von hinten: Ich sehe sie!
Offensichtlich haben sie sich während unseres Wendemanövers frei gefahren. Während Namba nach rechts auf die Piste abbiegt, begleitet uns einer der beiden Elefanten ein paar Meter und zeigt uns damit erneut, dass er schnell, wendig und in jedem Fall der Boss ist! Im tiefen Sand hätten wir keine Chance!
Nach diesem Nervenkitzel stört es nicht, dass sich die Piste für die nächsten 40 km staubig, trocken und langweilig hinzieht. Außer Vögeln gibt es keine Tiere, weit und breit kein Wasser zu sehen.
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Wir wollen den Khwai entlang zu unserem Camp fahren, doch nach einigen Kilometern schmaler Piste kommen wir an die Wasserdurchfahrt, von der Namba uns erzählt, dass er sich dort vor zwei Wochen fest gefahren hat. Er probiert es einige hundert Meter weiter, das Ergebnis ist jedoch das Gleiche. Wir hängen fest. Mit meinem geschulten Auge stelle ich sofort fest, dass wir mitten auf einem Elefantenpfad stecken geblieben sind. Küttel soweit das Auge reicht und festgetretene Wege sprechen eine klare Sprache. Während alle Männer sich um Holz und die Wagenheber bemühen, bewache ich die Landschaft. Eine halbe Stunde später ist unser Auto um einige Schrammen und verbogene Schutzbügel reicher wieder frei. Wir treten den Rückzug an und fahren über die langweilige mehrspurige Piste zu unserem Camp, das bereits so gut wie fertig ist.
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Wir helfen Namba beim Aufbau seines Zeltes, das hat er sich nach der anstrengenden Fahrt verdient.
Er ist wirklich ein Gamedriver mit Passion! Kaum dass wir einen Kaffee getrunken, etwas gegessen haben, lädt er frische Getränke in die Kühlbox und verkündet den Gamedrive für in 15 Minuten.
Als dankbares Publikum sitzen wir pünktlich im Auto und erkunden die Gegend. Wir werden mit einem Wahlberg's Adler, einer fliegenden Gabelschwanzracke, einem sehr hübschen Wasserbock belohnt.
Außerdem bekommen wir von einer sehr geschäftigen Manguste Besuch, die vor uns die Straße nach Nahrung absucht und keinerlei Angst zeigt.
An diesem Abend beschreibt uns Namba die verschiedenen Phasen einer Elefantenattacke. Ich hoffe, dass ich es noch richtig wiedergeben kann.
Es beginnt im Allgemeinen damit, dass der Elefant mit dem Kopf wackelt, die Ohren klatschen lässt, mit den Füßen scharrt und ein paar Warnrufe ausstößt. Wenn das nicht zum Erfolg führt, setzt er den Scheinangriff ein: Ohren ausgestellt auf den Gegner zurennen und ihn damit zum Rückzug bewegen. Das wiederholt er höchstens dreimal.
Dann folgt der echte Angriff: Ohren angelegt, Rüssel eingerollt, Kopf gesenkt geht er auf den Gegner los. Auch in diesem Fall wiederholt er es höchstens dreimal und danach führt er den Angriff bis zum Ende durch.
Allerdings gibt es laut Namba Elefanten, die nicht zählen können und manchmal auch die Phasen nicht einhalten. Man sollte also immer auf alles gefasst sein.
Nach diesem aufregenden Tag haben wir uns eine ruhige Nacht verdient, wobei in der Khwai-Area die Voraussetzungen dafür sehr ungünstig sind. Überall raschelt es und die Tiere geben keine Ruhe.
Die Frage des heutigen Tages hat wieder etwas mit Droppings zu tun: Was unterscheidet das Steinböckchen von allen anderen Antilopen bezüglich seiner Ausscheidungen?
Die Fotos des heutigen Tages findet ihr hier: 20100826_Savuti_Khwai
Der gestrige Tag befindet sich: Eine unbeschreibliche Reise - Tag 8